Zurück

Offener Hof – fast rund um die Uhr

Baldenwegerhof
Bildergalerie Erfahrung
0

Was für viele unvorstellbar ist, war für Bernd Hug schon immer ein Ziel. Er öffnet den Baldenwegerhof bei Stegen täglich für Besucher. Für Groß und Klein ist einiges geboten: Hofladen, Kinderparadies, Führungen und mehr. Wie kam es dazu? Welche Erfahrungen macht er? Passt sein Konzept zu jedem Betrieb?

Ein Interview mit Bernd Hug vom Baldenwegerhof
Baldenwegerhof
Fröhlich und kommunikativ – Bernd Hug mit Ferkel.
Du betreibst intensive Öffentlichkeitsarbeit. Wie kam es dazu?

Schon als kleiner Junge hab ich auf dem Betrieb meiner Eltern mitgearbeitet und war oft mit dem Schlepper auf den Feldern unterwegs. Damals waren die landwirtschaftlichen Wege schon geteert, es gab schon jede Menge Radfahrer und Spaziergänger. Ich wurde oft angesprochen und auch angepöbelt, was ich denn da mache. Da sind echt unmögliche Sachen passiert.
Irgendwann dachte ich ‚ oh man, was ist das für ein Scheiß-Job’, dauernd so viel Konfrontation. Menschen – ohne landwirtschaftlichen Bezug – denken, ich fahre da aus Jux und Tollerei auf den Feldern herum und deshalb haben sie das Recht, mich anzumachen. Das hat mich sehr geprägt. Dann dachte ich, wenn ich mal Landwirt bin, möchte ich daran arbeiten. Etwas tun, gegen die damals schon immer größer werdende Schere zwischen Öffentlichkeit und Landwirtschaft.

 

Hast du dieses Ziel erreicht?

In meinem Umfeld auf jeden Fall, ja. 1996 habe ich den Betrieb meiner Eltern in Zarten übernommen und sofort mit dem Konzept des offenen Hofes angefangen. Vier Jahre später dann das Gleiche auf dem Baldenwegerhof. Nach vielen Jahren und jeder Menge Arbeit kommen viele aus Freiburg zu uns und am Sonntag auch Touristen. Durch Kundengespräche im Hofladen werden die Besucher über unsere Produkte aufgeklärt. Und somit auch über die Landwirtschaft. Wie arbeiten wir, warum fahren wir Gülle, was bekommen die Tiere zu fressen…Es gibt sowohl allgemeine Fragen über die Landwirtschaft, als auch spezifisch auf unseren Betrieb bezogen. Wir freuen uns über jedes Interesse!

 

So viele Menschen jeden Tag – da wird man doch verrückt?

Das könnte man allerdings meinen! Bei mir ist das bisher noch nicht so, aber vielleicht kommt’s noch irgendwann! Man muss natürlich ein offener, kommunikativer und freundlicher Typ sein und auch einfach mal über Sachen hinwegsehen. Den Hof jeden Tag für alle offen zu haben, ist natürlich etwas anderes als mal eine Hofführung oder ein Kindergeburtstag. Hinzu kommt unser großer Spielplatz, der natürlich auch viele Familien anlockt.
Also ja, manchmal könnt ich schon verrückt werden. Aber dann kommen auch wieder andere Zeiten.
Ich hab Spaß daran, den Menschen zu erklären, wie Landwirtschaft funktioniert. Wenn dann positives Feedback kommt, ist das sehr motivierend.

Und wenn negatives Feedback kommt?

Dann ist natürlich das Gegenteil der Fall: Es ist sehr demotivierend. Wir müssen uns schon ab und zu rumärgern mit Besuchern. Sie sind manchmal bereits genervt, wenn sie etwas nicht dürfen. Neulich hatte ich den Fall mit einem korpulenten Herrn, der mitsamt den Kindern auf dem Trampolin rumgesprungen ist. Auf dem Schild steht allerdings klar und deutlich, dass 80 Kilo maximales Gewicht ist. Nach meiner Ansage hat er nur hämisch gegrinst und gemeint, dass ich jetzt eine saftige Google-Bewertung bekomme. Er hat nicht einmal eingesehen, dass er im Unrecht ist.
Dann kommt zum Beispiel irgendwann ein Kommentar von „PinkLaDy888“ auf einer Internet-Plattform. Das ärgert mich, aber ich kann es nicht allzu ernst nehmen. Wenn sich die Leute aufregen wollen, dann gerne in einem offenen Gespräch oder einer Email mit richtigen Namen. Durch diese Pseudonyme kann man sich anscheinend alles erlauben.
Über konstruktive Kritik freuen wir uns deshalb umso mehr. Dann können wir auch Sachen verbessern. Und das ist ja das Ziel – gemeinsam Lösungen finden.

 

Baldenwegerhof
Der Wunsch auf dem Spielplatz: Alle lesen die aufgestellten Schilder mit Regeln und halten sich daran.
Habt ihr auch mal eure Ruhe?

Abends, wenn alle Besucher weg sind! Aber wir haben ja auch unsere privaten Bereiche, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Auch der Sonntag ist mir ein bisschen heilig. Da versorge ich morgens die Tiere, aber dann gehört der Tag meiner Familie und mir.

Wir stellen leider auch fest, dass die Leute immer unmöglicher werden und weniger Respekt haben: Vor Tieren, Schildern und Eigentum von anderen. Früher war das noch nicht so. Wenn das Schild sagt, bitte nicht füttern, und die Kinder trotzdem junges Klee zu den Hasen reinwerfen und die dann am nächsten Tag aufgebläht und tot im Käfig liegen, dann ist das natürlich mehr als ärgerlich. Und wenn abends der Futtertisch ausschaut, als wäre eine Bombe eingeschlagen, ist es auch ziemlich spaßlos für uns. Durch solche Zwischenfälle wird mein Arbeitsablauf gestört, bei dem ich eigentlich meist meine Ruhe habe.

Natürlich ist das nicht immer so und es gilt auch nicht für alle. Die meisten unserer Besucher versuchen sich an die Regeln zu halten und passen gut auf. Sie finden es toll was wir machen und genießen den Einkauf und die Angebote drum herum.

Bist du ein Vorbild für Berufskollegen?

Ich glaube nicht allzu sehr. Viele schrecken davor zurück, Menschen auf ihrem Betrieb zu haben. Nicht weil sie etwas zu verstecken haben oder ihre Arbeit nicht zeigen möchten. Es fehlt an Zeit und auch an Energie. Und diese tägliche Kommunikation liegt natürlich auch nicht jedem. Wenn man sich dann auch noch mit Menschen herumärgern muss, die gerade auf Konfrontationskurs sind, kann das sehr kräftezehrend sein.
Außerdem muss das Konzept auch auf den Betrieb passen. Bei uns ist der Hof so aufgebaut, dass wir ihn gut einteilen können und Bereiche abgrenzen. Das funktioniert nicht überall. Man will ja nicht, dass einem die Kinder im Garten rumspringen.

Ich kenne einige Betriebe, die Schulklassen einladen oder Kindergeburtstage veranstalten. Auch machen viele Öffentlichkeitsarbeit über Facebook oder Instagram, mit Fotos, Videos und erklärenden Beiträgen. Ferien auf dem Bauernhof ist natürlich auch eine Art der Öffentlichkeitsarbeit. Es gibt sehr viele Möglichkeiten! Ich finde es so wichtig, dass wir Landwirte unseren Beruf zeigen und der Gesellschaft näher bringen. Wenn jeder etwas macht, können wir viel erreichen!

Würdest du es wieder so machen?

Ja! Ich würde nochmal dieses unsinnige Risiko eingehen und alles auf mich nehmen. Nochmal Banken suchen um Millionen rumzuschieben. Und auch nochmal alle Talzonen durchschreiten.
Ich bin sehr dankbar, dass ich so viel Glück hatte und meine Arbeit wertgeschätzt wird. Ohne meine Familie und das gesamte Team vom Baldenwegerhof wäre das natürlich nicht möglich.

Baldenwegerhof
Das alljährliche Hoffest zieht viele Besucher an. Das nächste Event auf dem Baldenwegerhof? Die Dreisamtäler Bauernhof Konzerte am 4. Juli 2023!

Und wer noch mehr Infos zum Hof, zur Familie und zum Konzept wissen möchte, fährt am besten selber hin oder informiert sich auf deren Website!

Kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Informationen zur Verarbeitung dieser Daten finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

Du brennst für dieses Thema?

Deine Meinung zählt!

Wirlandwirten - gemeinsam! Wir sind stolz auf unsere Community und freuen uns über alle, die dabei sein wollen. Du möchtest ein Thema vorschlagen? Du möchtest der Community etwas von deinem Hof zeigen? Melde dich, wir sind gespannt!

Adobe Stock