Seit mehr als drei Jahren beschäftigt sich der BLHV-Bildungsausschuss mit den Themen Schüler- und Lehrermangel, der Schülerzusammensetzung sowie neuen gesellschaftlichen Anforderungen im Spiegel der betrieblichen Berufsausbildung.
Dazu mit aktuellen Themen wie Klimaschutz, Ökolandbau, Biodiversität, Pflanzenschutzmittelreduktion und wie diese in den Bildungsplan integriert werden können. Dies gipfelte im September 2021 in einem südbadischen Positionspapier zur landwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung in Baden-Württemberg, dem sich auch der Bund Badischer Landjugend und der Landfrauenverband Südbaden angeschlossen haben. Um der Position noch mehr Ausdruck zu verleihen und um etwas für Gespräche mit Stakeholdern an der Hand zu haben, wurde sie visualisiert und kann hier runtergeladen werden.
Klar ist, dass in Zukunft mehr qualifizierte Landwirtinnen und Landwirte gebraucht werden. Im Prozess wurde deutlich, dass dies nur funktioniert, wenn von Beginn an das gesamte Bildungssystem betrachtet wird und nicht nur seine Einzelteile. Damit sich mehr junge Menschen für die Landwirtschaft oder eine Arbeitsstelle in den vor- und nachgelagerten Bereichen entscheiden, muss das System durchlässig und offen für alle sein.
Wie alles begann…
September 2020: Im BLHV-Podcast sprechen Friedbert Schill, Andreas Deyer und Michaela Schöttner darüber, die landwirtschaftliche Aus- und Weiterbildung neu aufzustellen. Sozusagen die Geburtsstunde der neuen Grünen Bildungsarchitektur:
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Muss auch für Menschen ohne Hof attraktiv sein
Dazu zählt im Besonderen, dass die Berufsschulstandorte in der Fläche erhalten bleiben und die Aus- und Weiterbildung auch für Menschen ohne Hof attraktiv gestaltet wird. Wichtig ist außerdem, dass Schwächere gefördert werden und für diejenigen, die ihren Hof für die Weiterbildung eigentlich nicht verlassen können, flexible Lösungen vorgehalten werden. Unabdingbar ist, für die Grünen Berufe an allgemeinbildenden Schulen zu werben. Nicht zuletzt sollten Ausbildungsbetriebe finanzielle Unterstützung erhalten. In Südbaden wird vermehrt nicht für den eigenen Betrieb, sondern für die Gesellschaft ausgebildet. Um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, benötigen kommende Generationen bestmögliche Qualifizierung. Dazu müssen alle an der Aus- und Weiterbildung beteiligten Personen regelmäßig verpflichtend geschult werden. Außerdem sollten die Lehrenden ausschließlich für den Schuldienst angestellt werden und keine weiteren Amtsaufgaben übernehmen müssen. Um dem Mangel an Lehrenden vorzubeugen, müssen Werbemaßnahmen ergriffen werden.
Miteinander und voneinander lernen
Wichtig ist auch, dass die Schülerinnen und Schüler miteinander und voneinander lernen; ab der Weiterbildung zum Wirtschafter, Meister oder Techniker an einem Grünen Landesbildungszentrum. Hier werden alle im ersten Jahr gemeinsam beschult, bevor sich im zweiten Jahr für die Meister- oder Technikerlaufbahn entschieden wird. Die Trennung von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft wird aufgehoben und die Fachschülerinnen und -schüler haben eine große Auswahl an Wahlfächern, die sie neben den Pflichtfächern belegen können.
In unzähligen Sitzungen und Workshops reifte die Vision heran. Meilensteine wurden in den Soziale Medien dokumentiert:
Grünes Landesbildungszentrum
An einem Grünen Landesbildungszentrum wird eine kreative und offene Grundhaltung und Wandlungskompetenz gefördert. Hier spielt die Vermittlung von „Softskills“ bereits ab der Berufsschule eine große Rolle. Umwelt- und Naturschutzthemen inklusive ihrer Bedeutung und möglichen Konsequenzen für die landwirtschaftliche Praxis werden ebenfalls vermehrt behandelt.
Digitalisierung voranbringen
Das Angebot der Zusatzqualifikation, zum Beispiel für den Landwirt im Nebenerwerb, wird ausgebaut. Es bleibt ebenfalls in der Fläche und wird zunehmend digitalisiert. Insgesamt hält die Digitalisierung mehr und mehr Einzug in den Schulalltag. Welche Aufgaben die jeweiligen Institutionen im Bildungsbereich zukünftig verstärkt übernehmen können, wenn für alle Fachschülerinnen und Fachschüler ein Grünes Landesbildungszentrum mit Praxisbetrieb zur Verfügung steht, kann der Grafik entnommen werden. Ziel ist, dass alle miteinander leben und lernen und dadurch viele positive Synergien entstehen. An den jetzigen Fachschulstandorten können beispielsweise fachschulische Ergänzungsangebote entweder mit den bestehenden Themen oder auch mit solchen, die in Zukunft relevant werden könnten, gesetzt werden.
Sachkundenachweise, Beratung oder auch Ausbildungstreffen können neben allgemeinen Themen der berufsbezogenen Erwachsenenbildung angeboten werden. Die Landesanstalten fungieren als Wissensgaranten und geben Erkenntnisse aus Forschung und dem Versuchswesen weiter. Themenbereiche müssen auch hier ganz neu aufgebaut werden. So zum Beispiel im Bereich Geflügel oder Biodiversität. Den Landesanstalten soll neben der Erwachsenenbildung außerdem die Aufgabe der Schulung von Lehrenden allgemeinbildender Schulen und Mitarbeitenden des Landes zukommen.