Kennt ihr das? Trinkschwache Kälber ohne erkennbare Krankheit: Das kommt vor allem nach Problemgeburten vor. Bei einer Online-Veranstaltung hat Tierärztin Dr. Anna Lena Lindau eine Technik vorgestellt, bei der die Kälber die Geburt noch einmal durchleben, um endlich richtig auf der Welt anzukommen.
Madigan-Squeeze-Technik heißt die Methode, bei der man ein Seil in bestimmter Weise um den Brustkorb des Kalbes bindet und dann so anzieht, dass das Tier in eine Art Trance verfällt. Danach soll es sich wie ein normales Neugeborenes verhalten, aufstehen und am Euter der Mutter trinken. Bekannt und erforscht ist dieses Vorgehen vor allem bei Fohlen mit dem sogenannten Neonatalen Fehlanpassungssyndrom, auch „dummy foal“ genannt. Das sind lebensschwache Jungtiere, die an keiner erkennbaren Krankheit leiden. Was genau dahintersteckt, erklärte Veterinärin Anna Lena Lindau im Herbst bei einem Online-Treffen des europäischen Netzwerkes für Fleischrinderhalter „Bovine“.
Das Gehirn einschalten: Die Theorie hinter der Technik
Solange Fohlen sich in der Gebärmutter befinden, ist ihr Bewusstsein gedämpft. Dieser schlafartige Zustand verhindert, dass das Jungtier die Mutter durch unkontrollierte Bewegungen verletzt. Bei der Geburt lösen Hormone und der enge Geburtskanal diesen Zustand auf. Das Gehirn wird sozusagen eingeschaltet, damit das Fohlen zum Fluchttier wird. Vor allem bei Schwergeburten oder Kaiserschnitten kommt es aber vor, dass dieser Prozess nicht vollständig abgeschlossen wird. Die Jungtiere wirken meist abwesend, saugen nicht richtig und sind träge.
Hier setzt die Madigan-Squeeze-Technik an: Sie imitiert den Quetschprozess bei der Geburt und versetzt das Neugeborene zunächst in einen ähnlichen Zustand wie in der Gebärmutter. Diesen Effekt sieht man im nächsten Video ganz gut. Das Tier liegt ruhig da, Herz- und Atemfrequenz verlangsamen sich. 20 Minuten lang sollte man den Trance-Zustand aufrechterhalten, damit der Schalter im Gehirn umgelegt wird. Danach sollte das Fohlen schon nach kurzer Zeit das normale Verhalten eines Neugeborenen zeigen, aufstehen und an den Zitzen des Muttertiers trinken.
Vom Pferd aufs Rind übertragen? Ja, aber Vorsicht
Weil Rinder ebenso wie Pferde Fluchttiere sind, liegt die Vermutung nahe, dass sich die Forschungsergebnisse mehr oder weniger auf Kälber übertragen lassen. Erste positive Erfahrungen wurden jedenfalls schon gesammelt. Auch Anna Lena Lindau konnte die Technik bisher einmal anwenden. Wichtig ist dabei, dass die Tierärztin oder der Tierarzt vorher alle anderen möglichen Ursachen für die Trinkschwäche ausschließt. Als Ausschlusskriterien nennt Lindau außerdem: Atemwegserkrankungen, Rippenfrakturen oder Missbildungen. Zudem muss das Kalb stehen können und darf nicht älter als drei Tage sein.
Obwohl es aus der Praxis schon erste erfolgsversprechende Beispiele gibt, fehlt es noch an Forschungsergebnissen. Deshalb rät auch Anna Lena Lindau, die Madigan-Squeeze-Technik nur in Absprache und gemeinsam mit dem Tierarzt anzuwenden.
Eure Erfahrungen
Hattet ihr auch schon Kälber oder andere Jungtiere, bei denen ihr nicht wusstet, was eigentlich das Problem ist? Vielleicht hätte hier die Madigan-Squeeze-Technik geholfen. Aber was habt ihr stattdessen gemacht? Habt ihr noch mehr Tipps, wie ihr eure Kleinsten aufpäppelt? Schickt gerne auch Bilder per Whats-App an +49 179 4424344.