Der Klimawandel beschleunigt die Veränderung des heutigen Waldzustands maßgeblich und mit hoher Dynamik. Einige Baumarten und Waldbestände sind daher schon heute an ihren räumlichen Grenzen angelangt. Dies stellt in den letzten Jahren einen zentralen Aspekt bei der Anpassung der Waldbewirtschaftung dar, wobei Klimaszenarien der Ausgangspunkt für die Einschätzung der Eignung verschiedener Baumarten waren.
Der Begriff Klimaanpassung bzw. -adaptation bedeutet, sich auf klimawandelbedingte, bereits eingetretene Änderungen einzustellen und auf zu erwartende Änderungen so zu reagieren, dass zukünftige Schäden vermieden werden können. Es ist zum Beispiel festgestellt worden, dass die Geschwindigkeit einer Baumartenausbreitung in europäischen Laub-Nadel-Mischwäldern gemittelt bei etwa 0,35-2 km/Jahr liegt. Dies würde bedeuten, dass bei einer Temperaturerhöhung von 4 °C, eine Baumart von ihrem jetzigen Standort ca. 1200 km in Richtung Norden wandern muss, um am Ende dieses Jahrhunderts wieder auf einem für sie klimatisch angepassten Standort zu sein. Um diese Distanz bis Ende des Jahrhunderts zurückzulegen, müsste eine Art 14,5 km/Jahr wandern. Diese Diskrepanz (2 km im Vergleich zu 14 km pro Jahr) zeigt, wie bedeutend eine Anpassung der Wälder durch den Menschen im Sinne des klimaangepassten Waldbaus ist. Ebenso wird hierdurch verdeutlichet, dass eine Entkopplung der Anpassungsgeschwindigkeit in einem durch den Menschen geprägten Ökosystem, falls keine aktiven Maßnahmen ergriffen werden, ein potenzielles Risiko für die Stabilität der Wälder darstellt.
So wird sich die Waldstruktur in Deutschland verändern
Insgesamt wird in den aktuellen waldbaulichen Empfehlungen, die seit 2019 in den Bundesländern veröffentlicht wurden, ein einheitliches Leitbild zur waldbaulichen Behandlung in der Zukunft skizziert, das man als „climate-smarte“ Bewirtschaftung bezeichnet, aber teilweise regionalen Unterschieden unterliegt. Grundsätzlich wird deutlich, dass sich die Waldstruktur in Deutschland stark verändern wird. Dies kann auf Grund von ökologischen Gegebenheiten, also standörtlichen Veränderungen ohne menschliches Zutun passieren, oder aktiv durch waldbauliche Eingriffe gesteuert werden. In den letzten Jahren, seit dem Trockenjahr 2018, hat sich die Dynamik in den deutschen Wäldern stark beschleunigt.
Die gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass nur für eine geringe Anzahl alternativer Baumarten eine praktische Anbauempfehlung in Verbindung mit der Klimaeignung getroffen werden kann. Vor allem bei den Nadelbäumen ist die Auswahl auf Grund von mangelnden praktischen waldbaulichen Erfahrungen im deutschen Kontext eingeschränkt.
Eine vorläufige Einschätzung, die wissenschaftlich weiter unterbaut werden muss, kann für einige Baumarten eine grundsätzliche, praktische Eignung nachweisen. Die Voraussetzung hierfür ist eine standortgerechte Baumartenwahl, welche die ökologischen Bedürfnisse der jeweiligen Art berücksichtigt.
Diese Baumarten könnten in Zukunft „geeignet“ sein
Bei den Laubbaumarten ließen sich z.B. folgende Baumarten als geeignet einordnen:
- Heimische Hauptbaumarten: Traubeneiche (Quercus petraea), Stieleiche (Quercus robur), Vogelkirsche (Prunus avium (L.))
- Heimische Nebenbaumarten: Spitzahorn (Acer platanoides), Elsbeere (Sorbus torminalis (L.))
- Alternative Baumarten: Roteiche (Quercus rubra A. Sm. & Abbot)
Bei den Nadelbaumarten lässt sich z.B. folgende Baumart als geeignet einordnen:
- Alternative Baumarten: Douglasie (Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco)
Die weiteren Aspekte eines klimaangepassten Waldbaus beinhalten in der Regel:
- Eine standort- und klimaangepasste Baumartenwahl unter Berücksichtigung der zukünftigen Veränderungen
- Eine stärkere Baumartenmischung als bisher zur Risikominimierung
- Eine daraus folgende Mehrschichtigkeit der entstehenden Bestände zu Erhöhung der Stabilität des Waldes
- Einen wesentlich komplexeren Waldbau auf großer Fläche als bisher auf Grund der neuen Anforderung der Bewirtschaftung
- Den Erhalt biodiversitätsrelevanter Strukturen wie Habitatbäume und Totholz auf der gesamten bewirtschafteten Fläche
Die Notwendigkeit und damit verbundenen Anforderungen an den Erhalt von Strukturen wie Habitatbäumen sowie Totholz wird durch praxisbezogene Empfehlungen untermauert. Hierbei ist vor allem das Ziel, ein stabiles Ökosystem zu erhalten bzw. zu schaffen vorrangig.
Diese fünf Punkte fassen eine Vielzahl von standortabhängigen Faktoren zusammen, und sind somit der kleinste gemeinsame Nenner der aktuellen waldbaulichen Empfehlungen.
Zusätzlich darf die Mischungsregulierung und Steuerung der Bestandesdichte nicht vernachlässigt bzw. verpasst werden. Hier gilt: je später die Eingriffe erfolgen, desto schwieriger und risikoreicher sind sie für die jeweiligen Baumarten. Es bleiben für Privatwaldbesitzer einige Anforderungen für die Zukunft, die Baumartenwahl ist eine davon. Ebenso braucht es aber Unterstützung im finanziellen Bereich sowie durch Know-how von Experten, um die klimaangepasste Waldbewirtschaftung auch dauerhaft umsetzen zu können.
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