Automatische Melksysteme (AMS) passen nicht zusammen. Das Gegenteil beweisen drei Betriebe aus Baden-Württemberg.
Mit dem Futterangebot die Kühe steuern
Volker Kramer aus Stühlingen-Mauchen melkt seine 120 Kühe schon seit 2016 mit 2 Melkrobotern.
- Die Tiere haben jederzeit freien Zugang zur Weide, unabhängig vom nächsten Melkanrecht. Jede Kuh kann also wählen, ob sie zum Beispiel an heißen Sommertagen lieber tagsüber oder in der Nacht auf die Weide geht.
- Die maximale Entfernung zwischen Stall und Weide beträgt etwa 600 m. Weniger Milch geben die Kühe laut Volker Kramer deshalb nicht. Im Sommer kommen die Tiere aber etwa 0,5-mal pro Tag weniger zum Melken als im Winter, wenn die Weide geschlossen ist. Konkret heißt das 2,3 bis 2,4 Melkungen pro Tag im Sommer; 2,6 bis 2,8 Melkungen pro Tag im Winter.
- Die Tiere laufen gerne in Gruppen zum Melken, wodurch sich der Aufwand fürs Nachtreiben reduziert. Es hat sich gezeigt: Die Anzahl der Tiere, die Melkanrecht hätten, aber nicht zum Melken kommen oder zu spät erscheinen ist recht gering. Im Gegenteil: Die Kühe kommen eher zu früh mit einer zu geringen Milchmenge.
- Vereinzelt Tiere, die kurz vor dem Trockenstellen sind, bleiben eher draußen und stellen sich so
nach und nach selbst trocken. - Die einzelnen Melkungen sind gut verteilt, das heißt, es gibt weder Stau noch Leerlauf am Roboter.
- Volker Kramer muss selten nachtreiben. Ein Grund könnte das nicht sehr attraktive Weideangebot in
der trockenen Hanglage des Betriebs sein. Im Sommer füttert Volker Kramer zusätzlich Luzerne als Grünfutter und eine Totale Mischration (TMR) gefüttert, da die Weide für eine ausgewogene Ernährung der gesamten Herde nicht ausreichen würde.
Die Kühe in den Stall locken
Auf dem Betrieb von Rudolf Heiler in Löffingen gehen die Kühe schon seit 60 Jahren auf die Weide. Bei der Umstellung von Melkstand auf Melkroboter im Jahr 2010 war ihm der reibungslose Kuhverkehr wichtiger als die maximale Auslastung der Roboter. Deshalb gibt es zwei Roboter für 80 Milchkühe. Die 18 Hektar große Weidefläche liegt in unmittelbarer Nähe zum Hof.
„Der Arbeitsaufwand wäre ohne Weide sicherlich geringer, da wir auch viel Zeit für den Weidebau einplanen müssen. Die Milchleistung wäre zudem in einer reinen Stallhaltung sicherlich auch steigerbar. Deshalb ist die Frage, ob man sich für oder gegen Weidehaltung entscheidet sehr betriebsindividuell. Die Tiere sind aber deutlich weniger gestresst.“
Rudolf Heiler Landwirt- Vom selektiven Weidetor kam Rudolf Heiler wieder ab und stellte auf freien Zugang zur Weide um. Seine Annahme: Tiere, die freien Zugang haben und damit eine länger verfügbare Möglichkeit zu weiden, kommen gerne freiwillig auch wieder in den Stall zurück.
- Tränken befinden sich nur im Stall, was auch den Anreiz der Tiere verstärkt, zum Melken zu
kommen. - Kraftfutter gibt es als Lockfutter am AMS. Zusätzlich gibt es noch eine Kraftfuttergabe an einer
Station. Je nach Milchleistung kommen die Tiere auf bis zu 6 kg Kraftfutter pro Tag. - Der Aufwand zum Nachtreiben beträgt pro Tag eine halbe Stunde.
- Gerade die Tiere, die im Einzelgemelk unter 14 l liegen, kommen nicht direkt am Morgen,
sondern am Mittag in den Stall zum Melken oder lassen sich bitten. - Die maximale Strecke bis zur letzten Weide ist über 500 m lang. Deshalb Rudolf Heiler auch immer ein Auge auf die Klauen. Alle fünfbis sechs Monate kommt der Klauenpfleger, Bedarfsschnitte
werden selbst erledigt. Zweimal pro Woche durchlaufen die Tiere ein Klauenbad auf dem Weg zur Weide, wo sie dann gesäubert abtrocknen. - Der Betrieb beprobt in der Milchleistungsprüfung (MLP) einmal im Monat alle Melkungen,
die innerhalb von 24 Stunden eingehen (Prüfmethode CS4). Dies liefert imVergleich zu
einer Probe pro Tier und Tag (Prüfmethode CO4) aussagekräftigere Ergebnisse. Inhaltsstoffschwankungen über den Tagesverlauf werden ausgeglichen. Danach richtet sich auch die aufgewertete Grundfutterration (AGR). - Tiere, die aufgrund der Euterform und des Gemüts nicht zum Melkroboter passen, müssen die Herde verlassen.
Variante Weidetor
Fridolin Saier und sein Sohn Jonas melken ihre 75 Kühe mit zwei Melkrobotern. Es stehen 70 ha fast komplett arrondierte Weidefläche zur Verfügung. Die maximale Distanz vom Stall zur Weide beträgt etwa 1000 m.
„Ideal ist es natürlich, wenn die Tiere schon als JungrinderZugang zur Weide haben und diese gewohnt sind.“
Jonas Saier Landwirt- Die Kühe auf dem Hof von Saiers kalben überwiegend saisonal von Oktober bis März, was
auch die Weidelust beeinflusst: Hochtragende Kühe gehen im Herbst ungern auf die Weide
oder zurück in den Stall; im Frühjahr nach dem Abkalben kommen sie eher von alleine. - Leistungsabhängig bekommen die Tiere Kraftfutter am AMS und ganzjährig Heu am Trog zur ständigen Verfügung. Es wird auf hochwertiges und schmackhaftes Futter geachtet, damit die Tiere gerne in den Stall und damit zum Melken zurückkommen.
- Neben der Klauengesundheit legt der Betrieb großen Wert auf die Euterhygiene. Die Boxen werden regelmäßig gesäubert und frisch eingestreut, sodass die Tiere auch gerne zum Liegen in den
Stall kommen. - Nicht alle Tiere gehen immer freiwillig nach draußen. Damit auch sie gerne den Stall
verlassen, gibt es täglich eine frische Portionsweide. Das steigert zudem die Akzeptanz des Weidetors. - Saiers haben auch Jersey-Kühe, die lieber laufen als Holsteins oder Fleckvieh.
- Der Arbeitsaufwand fürs Nachtreiben variiert täglich von 15 Minuten bis zu 1,5 Stunden.
- Im Sommer schaffen die Kühe pro Tag 2 Melkungen, im Winter 2,7 bis 3.
Wertvolle Erfahrungen gesucht
Habt ihr auch schon Erfahrungen mit der Kombi Melkroboter und Weide? Welche Tricks haben sich bei euch bewährt? Schreibt uns gerne direkt oder unten in die Kommentare.