„BestTUPferd ist ein echtes Herzensprojekt“, heißt es in einem Post auf der Instagram-Seite. Mit großer Ausdauer und Leidenschaft haben sich Projektleiterin Dr. Miriam Baumgartner und Dr. Margit Zeitler-Feicht von der Technischen Universität (TU) München mit ihrem Team seit 2013 dem Projekt gewidmet. Immer mit dem Ziel vor Augen, die Lebensbedingungen für Pferde in unseren Ställen zu verbessern.
„Der Wille, Pferde artgemäß zu halten, ist da, es fehlt aber eine objektive Bewertungsmöglichkeit.“
Dr. Miriam Baumgartner Projektleiterin BestTUPferdBestTUPferd wurde dringend benötigt: „Ein Bewertungssystem, mit dem man zügig durch den Stall kommt, das aber umfassend und standardisiert Stärken und Schwächen aufzeigt und dann betriebsindividuell Optimierungsempfehlungen gibt“, beschreibt es Baumgartner.
Aktuell befindet sich das Tool in der Marktvorbereitung. Bald werden die ersten Berater:innen geschult, damit sie mit dem Tool in die Ställe gehen können.
Entwickelt wurde BestTUPferd von Wissenschaftler:innen der TU München gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer NRW, dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik und der Ferber Software GmbH. Mit dem Tool sollen qualifizierte Berater:innen Betriebe analysieren und Verbesserungsmaßnahmen vorschlagen. Mehr dazu seht ihr im Video unten.
Mit dem Tablet auf dem Hof
Konkret sieht das Vorgehen auf dem Betrieb so aus: Zunächst gibt der/die Berater:in alle Daten zu Pferden und Haltungsbedingungen mittels Tablet direkt in die App ein. Diese analysiert die Daten und bewertet sie. Das System zeigt einen Handlungsbedarf bei Mängeln in der Tierhaltung auf und schlägt konkrete Maßnahmen vor.
Die Software bewertet verschiedene Indikatoren über ein Punktesystem. Die Indikatoren sind in vier Säulen unterteilt. Die Auswertung erfolgt webbasiert. Die beratende Person kann noch auf dem Hof ein Protokoll mit Grafiken generieren und herunterladen.
Alleine die letzte Säule enthält 50 Indikatoren. Dieser Bereich ist dem Team ein großes Anliegen, denn auch in der Pferdehaltung gibt es mitunter große Probleme mit Stickstoffeinträgen von Auslaufflächen in Oberflächengewässer oder in das Grundwasser. Die App kann hier den Stickstoffeintrag berechnen.
Die erste Säule beobachtet vor allem die Grundstimmung der Pferde. Wie viele aggressive Verhaltensweisen zeigt ein Pferd in einer Zeitspanne von 20 Minuten? Und welche?
Zur Säule „Guter Gesundheitszustand“ gehört zum Beispiel eine tiergerechte Liegefläche: Gibt es Hautabschürfungen, wie sieht die Einstreu aus?
Außerdem werden Verletzungen gezählt und abgestuft. Vor allem in Gruppenhaltung gibt es häufig Probleme mit verletzten Pferden. Auch die bedarfsgerechte Versorgung der Pferde wird in dieser Säule ermittelt. Zum Beispiel anhand des Body Condition Score.
In der Säule „Pferdegerechte Haltungsbedingungen“ zeigt die App Gefahrenquellen an und erklärt, wie man diese Gefahren eliminieren kann. Sie prüft, ob die Pferde artgemäß und stressfrei fressen können. Wie Baumgartner berichtet, gibt es hier insbesondere in der Einzelhaltung große Defizite. So haben Boxenpferde auf Sägespänen im Mittel eine nächtliche Fresspause von knapp neun Stunden – mehr als das Doppelte der maximal empfohlenen Fresspause.
Große Zielgruppe
BestTUPferd punktet an mehreren Fronten: Es bietet eine betriebsindividuelle Analyse, aber auch den Vergleich mit Konkurrenzbetrieben. Neben dem Einsatz als Beratungstool sehen die Macher die App auch bei Sachverständigengutachten, als Fortbildungsmaßnahme für Student:innen oder Mitarbeiter:innen der Stallbauindustrie, bei Behörden und in Vereinen. Zunächst soll die Vollversion auf den Markt kommen. Je nach Zielgruppe sind dann verschiedene Light-Versionen geplant.
Wie BestTUPferd entwickelt wurde und was die Hintergründe sind, dazu sehr ihr mehr in diesem Video.
Kick-Off für zukünftige Berater:innen
Ihr seid auch Pferdebetriebsleiter:in oder Pferdewirt:in und verfügt über den Sachkundenachweis Pferdehaltung? Ihr habt Lust bekommen, mitzumischen? Ein erstes Seminar für künftige BestTUPferd-Berater:innen findet am 28. und 29. März in der Nähe von Stuttgart statt. Gewünscht ist der Sachkundenachweis Pferdehaltung. Mehr Infos und Anmeldung hier.