Das Demonetzwerk zur Pflanzenschutzmittelreduktion soll dazu beitragen, dass der Einsatz von chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel in BaWü bis 2030 um 40 bis 50 Prozent reduziert wird. Insgesamt machen 38 Betriebe mit. Einen davon haben wir besucht und mit Linus Früh vom Regierungspräsidium Freiburg die Versuche im Mais angeschaut.
Um was geht’s im Projekt?
Das Projekt hat 2020 nach der Verabschiedung des Biodiversitätsstärkungsgesetzes begonnen und soll einen wesentlichen Teil zum Ziel beitragen, den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel bis 2030 um 40 bis 50 Prozent zu senken. Bezogen wird sich dabei auf die ausgebrachte Wirkstoffmenge an chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln im Durchschnitt von 2016-2019.
Die Versuchsbetriebe wurden gemeinsam mit der Landwirtschaftsverwaltung ausgewählt. Mittlerweile nehmen 38 Demonstrationsbetriebe in ganz Baden-Württemberg daran teil, zehn davon im Regierungsbezirk Freiburg. Es gibt sowohl Ackerbau-, als auch Obst-, und Weinbaubetriebe, sowie neuerdings Gemüsebetriebe. Bei der Auswahl der Betriebe waren unterschiedliche Boden- und Klimaräume entscheidend. Um kurze Wege zu den Feldtagen zu ermöglichen, wurden möglichst viele Landkreise bei der Betriebsauswahl berücksichtigt.
Zusammenarbeit mit den Landwirten
Die Bereitschaft der Betriebe am Projekt teilzunehmen war hoch und die Landwirte sind sehr motiviert. Es gibt einen guten Querschnitt zwischen Älteren und Jüngeren. Neben den wissenschaftlichen Ansätzen werden auch die Ideen und Erfahrungen der Betriebsleiter berücksichtigt. Ziel ist die gemeinsame Erarbeitung praxistauglicher Reduktionsmaßnahmen, die in die Region, zum Standort und zum Betrieb passen.
Die Landwirte profitieren von einer sehr engen fachlichen Unterstützung. Dafür gibt es vor Ort in den Regierungsbezirken für jeden Sektor entsprechende Fachberater. Sie entwickeln gemeinsam mit den Landwirten die On-farm-Versuche, führen Bonitierungen durch und begleiten auch die Ernte.
Die Hauptmotivation der Betriebe ist es, herauszufinden, welche Maßnahmen bei verträglichem Arbeitsaufwand ein Reduktionspotenzial bieten und gleichzeitig ausreichende Ertrags- und Qualitätsziele erfüllen. Der Erkenntnisgewinn ist groß. Für die Teilnahme am Netzwerk erhalten die Demonstrationsbetriebe eine entsprechende Entschädigung, die neben dem Mehraufwand für die Demoversuche auch die Durchführung der Feldtage abdeckt. Die Feldtage bieten anderen Betrieben die Möglichkeit etwas über die Demoversuche zu erfahren und sich fachlich auszutauschen und werden mit Unterstützung der Landwirtschaftsämter organisiert.
Bisherige Ergebnisse
Die Ergebnisse werden landesweit gesammelt und vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) ausgewertet. Sie fließen ebenso wie die Erhebungen des Betriebsmessnetzes zur Zielbewertung in den jährlich vom MLR veröffentlichten Bericht ein: Bericht zur Anwendung und Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel in Baden-Württemberg.
> Hier der Link zum zweiten, aktuellen Bericht.
Auch die Wirtschaftlichkeit spielt bei der Auswertung der Ergebnisse eine Rolle. Zum Beispiel die Anzahl der Überfahrten durch mechanische Varianten oder Betriebsmittelkosten.
Der zu erkennende Trend: Schon jetzt lassen sich gerade im Bereich Herbizide und Fungizide durch angepasste Applikationen, teilflächenspezifisches Monitoring, der Nutzung von Prognosesystemen und konsequentem Integrierten Pflanzenschutz gut 20% der Wirkstoffmengen einsparen, ohne Ertrag und Qualität deutlich negativ zu beeinflussen.
Im Bereich der Insektizide kann im Getreideanbau oft ganz auf Behandlungen verzichtet werden. Weitere große Reduktionspotenziale bieten alternative oder mechanische Verfahren sowie ganzheitliche Konzepte. Wichtig bleibt dabei eine strenge Qualitätskontrolle des Ernteguts.
Demoversuch auf dem Betrieb Schitterer im Mais
Der Betrieb Schitterer befindet sich in Freiburg im Stadtteil St. Georgen.
Die Aussaat vom Mais war am 15.April2023.
1) Kontrollvariante
Spritzfenster zur Bewertung der Pflanzenschutzmaßnahmen ohne jegliche Unkrautkontrolle (weder chemisch noch mechanisch). Maispflanzen sind klein und überwuchert von Weißem Gänsefuß.
2) Betriebsübliche Variante
Am 11. Mai einmalige Herbizidanwendung. Gute Entwicklung der Pflanzen, kein Beikraut zu sehen.
3)Variante 3 – Reduzierte Aufwandmenge
80 % der Aufwandmenge des Herbizids, unter Beachtung der Grundsätze der Resistenzvermeidung, im Mai zum gleichen Zeitpunkt wie in der betriebsüblichen Variante. Es wachsen ein paar Beikräuter, aber diese haben wahrscheinlich keinen Effekt auf Ernte und Ertrag. Eine reduzierte Aufwandmenge reduziert auch das Risiko möglicher phytotoxischer Effekte (Belastung für die Entwicklung) durch das Herbizid auf die Kulturpflanze.
4) Variante 4 Bandapplikation in Reihe in Kombination mit Hacke zwischen den Reihen
Teilflächenapplikation durch Bandspritzung entlang der Reihen – dadurch Behandlung von nur einem Drittel der Fläche (66 % Reduktion). Zwei Wochen später erstes Mal gehackt, zwei Wochen später wieder gehackt.
Höherer Mais im Vergleich zur betriebsüblichen Variante, beim Feldtag sichtbar.
Mitte Mai bis Mitte Juni gab es in der Region eine trockene Periode. Möglichweise hat das Hacken Kapillaren im Boden geöffnet, sodass den Pflanzen mehr Wasser zur Verfügung stand. Gleichzeitig regt die mechanische Bodenbearbeitung beim Hacken die Mineralisation an und macht mehr Nährstoffe für die Maispflanzen verfügbar.
Mit dieser Variante wäre das Ziel des Biodiversitätsstärkungsgesetzes in der Kultur Mais schon erreicht. Durch die zwei zusätzlichen Überfahrten hat der Landwirt jedoch auch einen höheren Aufwand (Zeit und Betriebsmittel).