Auf dem Markt für Pferdefuttermittel gibt es eine schier unüberschaubare Vielzahl von Futterkomponenten, denen die Hersteller zahlreiche positive Eigenschaften zusprechen. Doch nicht immer ist die Fütterung solcher Zusätze sinnvoll.
Heu ist wichtiger als jedes Pülverchen
„Die Basis der Pferderation bilden immer Gras oder Graskonservate“, betont Prof. Dirk Winter, Studiendekan im Studiengang Pferdewirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen (HfWU): „Wenn das Raufutter nicht passt, kann man mit der Zugabe von Präparaten auch nicht mehr viel machen.“
Ein gutes Heu und eine abgestimmte Mineralstoffversorgung sind also in vielen Fällen schon ausreichend. Winter weiß aber auch: „Pferdebesitzer wollen alle Anforderungen an das Pferd über Futterkomponenten abdecken.“ Der Markt bediene dieses Anliegen entsprechend. Doch den Einsatz von sogenannten Superfoods wie Chia, Schwarzkümmel und Co. sieht er skeptisch; wenn man eine Futterration vernünftig zusammenstelle, brauche man diese nicht.
Besondere Vorsicht sollte man beim Einsatz von Zusatzprodukten walten lassen, die nicht natürlicherweise auf dem Speiseplan des Pferdes stehen. Hier kann es nämlich unerwünschte Wechselwirkungen geben. Das verdeutlicht Winter am Beispiel von Hanf: „Wir haben durchaus gute Erfahrungen mit Hanföl gemacht. Allerdings muss man beim Einsatz von Hanf immer auf den THC-Gehalt achten.“
Immer erst den Tierarzt fragen
Treten gesundheitliche Probleme auf, rät Winter, immer als erstes einen Tierarzt oder unabhängigen Fütterungsberater zu Rate zu ziehen. Vielleicht lässt sich so die Ursache finden und es braucht gar keinen Futterzusatz. Außerdem sind viele Heilwirkungen, die von diversen Zusätzen versprochen werden, nicht wissenschaftlich belegt.
Dem Schwarzkümmel wird beispielsweise nachgesagt, dass er das Immunsystem stärken und bei Lungenerkrankungen eine positive Wirkung haben soll. Belegt ist, dass Omega-3-Fettsäuren eine antientzündliche Wirkung haben. Diese sind aber auch in vielen anderen Ölen enthalten, so zum Beispiel in Leinöl, Sonnenblumenöl, Sojaöl oder Maiskeimöl.
Besonders gerne werden Kräuter zugefüttert. Sie werden gerne gefressen und gehören – in Maßen – zur natürlichen Nahrungspalette der Pferde. „Der Einsatz von Heilkräutern mit standardisiertem Wirkstoffgehalt ist durchaus sinnvoll“, so Winter. „Allerdings ist das dann nicht als Futtermittel anzusehen, sondern hat Arzneimittelcharakter.“
Ist der Wirkstoffgehalt nicht bekannt, könne man nicht von einer Wirkung ausgehen. Deswegen gehören auch Kräuter in den Kompetenzbereich eines Tierarztes oder erfahrenen Heilpraktikers. Einfach ein paar Kräuter zuzufüttern, macht wenig Sinn: „Das sollte man lieber lassen“, betont der Experte.
Bierhefe, Leinsamen und Co.
Nicht immer braucht es den Griff zum neuen Futtertrend, wenn besondere Ansprüche erfüllt werden müssen. „Die altbewährten Futtermittel wie Leinsamen, Bierhefe und Weizenkleie haben immer noch gute Berechtigung“, betont Winter. So zum Beispiel die Leinsamen: „Eine hochwertige, interessante Futterkomponente mit relativ geringem Stärkeanteil.“
Leinsamen punkten mit einem hohen Fettgehalt und einem Eiweißgehalt über 20 Prozent. Das Fett in Leinsamen besteht überwiegend aus ungesättigten Fettsäuren. Als besonderes Plus haben sie Schleimstoffe in der Schale, die die Verdauung unterstützen.
Allerdings: „Man muss berücksichtigen, dass Leinsaat blausäurehaltige Glykoside enthält“, warnt Winter. „Wenn sie in größeren Mengen eingesetzt wird, sollte sie auf jeden Fall vorbehandelt werden.“ Wird ungeschälte Saat eingesetzt, sollte sie zudem vorher geschrotet oder gequetscht werden.
Für die Zuchtstuten- und Fohlenfütterung eignet sich Bierhefe sehr gut. Sie hat einen Eiweißgehalt von über 50 Prozent und enthält außerdem viele B-Vitamine. Als gutes Eiweißfutter in Vergessenheit geraten ist nach Ansicht von Winter außerdem die Erbse. Sie punktet mit einem hohen Proteingehalt mit deutlich über 20 Prozent und hoher Schmackhaftigkeit.
Bei erhöhtem Eiweißbedarf sollte man auch die Luzerne nicht vergessen, die „Königin der Futterpflanzen“: Als Leguminose bietet sie eine gute Eiweißausstattung mit 15–17 Prozent Rohprotein. Der Energiegehalt ist ähnlich dem von Heu. Allerdings warnt Winter: „Kurz geschnittene Luzerne verursacht teilweise Verletzungen in der Magenschleimhaut.“