Viele Winzer:innen würden ihre Weinberge durchaus gerne auf Piwis umstellen. Die Kosten für eine Neuanlage in Höhe von bis zu 50.000 Euro je Hektar und circa drei Jahre Ertragsausfall bremsen diesen Wunsch allerdings häufig aus. Und wer erst vor kurzem neu bestockt hat, möchte sein Rebstück eh nicht schon wieder roden. Bevorstehende massive Einschränkungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Klimaveränderungen und wirtschaftliche Faktoren erzwingen jedoch ein baldiges und vor allem weitsichtiges Handeln. Und jetzt kommt die Grünveredelung als mögliche Lösung ins Spiel. Entwickelt hat die Methode der Winzer Dieter Rösch aus Östringen bei Weil am Rhein. Im Jahr 2011 pfropfte er erstmals Helios auf Roten Gutedel, hat seither viel experimentiert und inzwischen 26 Ar – knapp die Hälfte seiner Rebfläche – erfolgreich mit Piwis umgebaut.
Holz auf Grün funktioniert sehr gut!
Dieter Rösch Winzer aus Östringen / MarkgräflerlandDieter Rösch hat in seinen Reben viel ausprobiert und ist so zu seiner Überzeugung gelangt:. „Holz auf Grün funktioniert sehr gut“, betont er jetzt in den Workshops. Und dann demonstriert er, wie Reiser und Unterlage angeschnitten und zusammengesteckt werden, wie man die Schnittstelle versorgen und worauf man besonders achten muss. Zeitpunkt, Feuchtigkeit und Temperatur seien für das Anwachsen ebenso entscheidend wie Position und Ausrichtung des Edelreises. Ruten zur Veranschaulichung hat der Winzer immer dabei, an denen die Teilnehmenden den Schnitt ausprobieren und die Edelreise für eigene Tests mitnehmen können. Rösch sprach von durchschnittlich 75 Prozent Anwachsrate.
Umstellung ohne Ertragsverlust
Veredelt werden ein bis zwei Wasserschosse aus dem Unterstock. Konkurrierende Geiztriebe werden ausgeputzt und der Rebstock während der gesamten Vegetationszeit wie gewohnt gepflegt. Den konventioneller Pflanzenschutz muss man bis zur vollkommenen Umstellung weiterbetreiben. Eine Ertragsminderung entsteht derweil nicht, zumal sich die bereits gut verwurzelten Rebstöcke in der Regel ausreichend mit Nährstoffen und Wasser versorgen können. Dass die Rebsorte nach Standortfaktoren gewählt werden kann, führt Rösch als weiteren Vorteil an.
Starkes Argument sind die Kosten. Im Gegensatz zu einer Neuanlage summieren sich diese inklusive Arbeitslohn auf etwa 9.000 Euro, also etwa ein Sechstel gegenüber einer neuen Bepflanzung, die mit bis zu 50.000 Euro pro Hektar zu Buche schlagen kann. Das entspricht rund 1,50 Euro pro Rebe. In einer Stunde schaffe man etwa zehn Reben mit je zwei Ruten bzw. 20 Reben mit je einer Rute.
Erkenntnisse melden
Auf 20 Ar seiner Flächen führt das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI) in diesem Jahr oenologische Versuche durch, in die Erfahrungen und Ergebnisse aus privaten Anlagen einfließen sollen. Winzer, die auf eigene Faust Versuche unternehmen, sind deshalb aufgerufen, ihre Erkenntnisse zu melden. Bei den Tests werden sie von Experten des Piwi- Kollektivs begleitet. „Wir konnten drei Winzergenossenschaften und zwölf einzelne Winzer neu dazugewinnen“, freut sich Philipp Rottmann und ergänzt: „Wir wollen die Umstellung voranbringen.“
Abhängig von der vegetativen Entwicklung werden ab Ende Mai 2023 noch zwei Praxistage angeboten. Infos zur Intiative gibt’s hier: https://piwi-kollektiv.de/