Franz Lais aus Hartheim am Rhein vermehrt Jungsauen. Dieser Betriebszweig ist Ergebnis der Spezialisierung in der Schweinehaltung, die vor vielen Jahrzehnten begonnen hat. Heute ist die Sauenzucht, zumindest in Baden-Württemberg, wo es nur noch acht Züchter gibt, zur absoluten Nische geworden.
Nur die Hälfte der Stallplätze belegt
Sauenzüchter Franz Lais öffnet die Abteiltür und sofort ertönt das Trippeln der Ferkel. Als er das Abteil betritt, haben sie sich längst in eine Ecke gedrängt und schauen aufmerksam in den Gang. Doch schnell überwiegt die Neugier und die Tiere nähern sich wieder. Jetzt erst wird deutlich, wie viel Platz die Tiere haben. 14 Statt 25 Ferkel befinden sich in der mittleren Bucht, manche Buchten sind sogar leer. Ähnlich sieht es im Abferkelstall aus: Nur die Hälfte der Plätze ist besetzt, statt 80 möglichen Muttersauen hält Lais nur noch 40. Er musste seine Produktion an die Nachfrage anpassen und die ist seit letztem Jahr nochmal deutlich geschrumpft.
Früher hat Lais etwa 15 bis 20 Kunden mit Jungsauen beliefert. Zu den besten Zeiten verkaufte er 500 bis 700 Zuchttiere im Jahr. Heute kann er seine Kunden an fast einer Hand abzählen. Viele Ferkelerzeuger haben die zweieinhalb Jahre Dauertief, die die Branche erst vor etwa einem halben Jahr wieder verlassen hat, nicht überlebt. 2020 ist der Erzeugerpreis mit der Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland eingebrochen und 2021 teilweise unter die 20-Euro-Marke pro Mastferkel gefallen. Dann kam der Krieg in der Ukraine und die Kosten für Futter und Energie schossen in die Höhe. Zudem rückt der politisch vorgegebene Umbau der Schweinehaltung immer näher – auch für Franz Lais.
Knackpunkt Abferkelstall
Knackpunkt wird der Abferkelstall sein. Hier sind ab 2036 6,5 Quadratmeter in Form einer Bewegungsbucht vorgeschrieben. Die Fixierung im Ferkelschutzkorb zur Geburt darf dann maximal fünf Tage dauern und ab dem 112. Trächtigkeitstag muss Nestbaumaterial vorhanden sein – am besten Stroh. Dabei ist das Stroh erst vor 24 Jahren aus dem Abferkelstall im Betrieb Leis verschwunden, als dieser nach einem Brand ersetzt werden musste. Der Offizialberatung folgend, baute Leis einen Stall ohne Stroh mit 4,2 Quadratmeter pro Sau. Früher musste der Abferkelstall mit 40 Sauen täglich von Hand entmistet werden. Mit dem strohlosen System konnte er zur Jahrtausendwende den Bestand verdoppeln – bei gleichbleibender Arbeitszeit.
„Ich war eigentlich immer ein Strohfan. Aber die Arbeitserleichterung ist schon enorm.“
Franz Lais LandwirtNur im Wartebereich wollte Leis nicht auf das Stroh verzichten. Schon jetzt hält er die Muttersauen in Gruppen und durch die reduzierte Produktion haben die Tiere mehr Platz als vorgeschrieben: Statt zehn teilen sich nur vier Sauen eine Bucht. Deshalb schaut Leis der Frist zur Anpassung von Deckzentrum und Wartebereich gelassen entgegen. Sie endet im Februar 2029, die Pläne für ein neues Konzept müssen den Behörden Anfang 2024 vorliegen.
Kennzahlen in der Sauenzucht
Seine Muttersauen, reine Deutsche Landrasse, bezieht Lais von einem sogenannten Basisbetrieb. Sie bleiben in der Regel vier bis fünf Jahre bei ihm, wo sie zweimal im Jahr mit Large-White-Sperma belegt werden. Das macht dann 28,5 bis 29 aufgezogene Ferkel pro Sau und Jahr. Die wichtige Kennzahl in der Jungsauenvermehrung ist aber die positiv selektierte Quote. Das heißt, wie viele der aufgezogenen Ferkel werden nach sechs bis sieben Monaten gekört und dürfen überhaupt in die Zucht für die Mastferkelproduktion. Zitzenzahl, tägliche Zunahmen, das Fundament, der Rahmen, die Beinstellung und die Körperlänge werden unter anderem geprüft. Lais schafft eigenen Angaben zufolge 80 bis 90 Prozent positiv selektierte Jungsauen.
Neuer Betriebszweig: Speisekartoffeln
Trotz der guten Zahlen: „Ob man das dauerhaft mit sechs bis sieben Kunden weiterbetreiben kann, ist eine große Frage“, erklärt der 63-Jährige. Die Entscheidung hängt auch von seinem Sohn Thomas ab. Gemeinsam leiten sie die GbR. Während sich Franz Lais um die Tiere kümmert, ist Thomas für den Acker zuständig. Vor fast fünf Jahren hat der Hofnachfolger sein eigenes Projekt gestartet: Speisekartoffeln. Damit steht der Betrieb heute auf drei Standbeinen: Speisekartoffeln, Sauenzucht mit eigener Futterproduktion und Saatgutvermehrung von Mais.
Solidarität unter den Sauenzüchtern
Im Aufzuchtstall, wo die ältesten Jungsauen auf ihre Körung warten, liegt in der Bucht ganz rechts eine Jungsau alleine auf dem Spaltenboden. Sie hat die Prüfung zwar schon bestanden, aber Lais hat für sie noch keinen Käufer gefunden. Als letztes Jahr viele seiner Kunden mit der Ferkelerzeugung aufgehört haben, kam das öfter vor. Für solche Notzeiten gibt es den sogenannten Absatzfonds, mit dem die Züchter sich gegenseitig unterstützen, indem sie pro verkaufte Jungsau einen gewissen Betrag einbezahlen. Gerät ein Betrieb in die Krise, kann er wieder Geld abrufen. „Früher hätte ich nie gedacht, dass ich den Absatzfonds brauchen werde. Aber ich wurde eines Besseren belehrt“, erklärt Lais. Die Schweinehaltung ist in Südbaden zu einer Nische geworden. Aber Lais stellt fest: „Normalerweise kann man in einer Nische Geld verdienen.“
Was meint ihr: Wann ist der Zeitpunkt gekommen aus einer Nische auszusteigen? Musstet ihr schon einmal ein Herzensprojekt begraben? Schreibt uns gerne in Kommentare.