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Warum Kühe effizienter sind als Schweine und Geflügel

Kühe fressen Grünfutter im StallIMAGO / Rupert Oberhäuser
Fachbeitrag
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In Zeiten von knappen Ressourcen sollen auch Tierhalter immer effizienter wirtschaften. Aber was heißt das konkret? Viele Landwirt:innen vergessen neben dem Kraftfutteraufwand und der Futtereffizienz die Nahrungsmittelkonkurrenz. Hier können Wiederkäuer besonders effizient sein, wenn man sie richtig füttert. Wühlt euch durch die Fakten! Am Schluss wartet eine praktische Checkliste auf euch 😉

Bei steigender Weltbevölkerung und begrenzten landwirtschaftlichen Nutzflächen steigt die Nahrungskonkurrenz zwischen Menschen und Nutztieren. Die Landwirtschaft sucht nach Wegen, die Nahrungskonkurrenz zu entschärfen, wobei Wiederkäuer als Grobfutterverwerter dabei eine entscheidende Rolle einnehmen. Sie sind in der Lage, für Menschen untaugliche Biomasse in menschliche Nahrung zu veredeln – anders als Schweine oder Geflügel.

IMAGO / Petra SchneiderSchweinenase
Schweine haben zwar eine bessere Futterverwertung als Rinder, sie werden aber hauptsächlich mit Futter gemästet, das auch Menschen essen könnten.

Jersey, Holsteins oder Hinterwälder – wer ist jetzt eigentlich effizienter? – Ein Kommentar von Maria.

Wenn pflanzliche Produkte, von denen sich auch Menschen ernähren können, an Nutztiere verfüttert werden, gibt es immer Verluste. Das bedeutet: Mit einer Tonne Weizen als Lebensmittel können mehr Menschen ernährt werden als mit den Lebensmitteln tierischen Ursprungs, die aus einer Tonne Weizen als Futtermittel erzeugt wurden.

Nahrungsmittelkonkurrenz berechnen

Aber wie beurteilt man, welche Futtermittel die Nahrungsmittelkonkurrenz zwischen Menschen und Nutztieren verschärfen und welche sie verringern? Dabei hilft die sogenannte Lebensmittel-Konvertierungs-Effizienz (LKE). Diese Kennzahl gibt an, wie viel Nährstoffe und Energie im tierischen Produkt stecken, und zwar im Verhältnis zu den Nährstoffen und der Energie, die im Futter enthalten sind, aber genauso für die menschliche Ernährung nutzbar wären. Eine LKE kleiner 1 bedeutet, dass durch die Veredelung Nährstoffe verloren gegangen sind, die der Mensch hätte verzehren können. In diesem Fall steht die Veredelung in Konkurrenz zur Humanernährung. Das Ziel lautet also: Die LKE sollte größer als 1 sein.

Futtermittel bewerten

Für die Berechnung der LKE müssen zuerst die Futtermittel bewertet werden. Die Frage ist: Wie groß ist der potenziell essbare Anteil eines Futtermittels? Hierzu wurden sogenannte hef-Faktoren festgelegt – siehe Tabelle ganz unten. Hef steht für den englischen Ausdruck „human edible fraction“, was so viel heißt wie „für den Menschen essbarer Anteil“.

IMAGO / agrarmotiveSilomaisernte
Auch Menschen könnten Silomais zum Teil essen. Deshalb schneidet er beim Thema Nahrungsmittelkonkurrenz schlechter ab als Gras.

In einem zweiten Schritt muss für die Berechnung der LKE die gesamte Futterration betrachtet werden. Dazu müssen die Trockenmasseanteile der einzelnen Futterkomponenten in der Ration, deren Nährstoff- beziehungsweise Energiegehalte und deren hef-Faktoren bekannt sein.

Kraftfutter gezielt einsetzen

Wie der Kraftfutteranteil in der Ration die LKE beeinflusst, wurde am Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZWB) im Rahmen des Projektes „optiKuh“ untersucht. Über zwei Jahre hinweg bekamen die Milchkühe unterschiedliche Kraftfuttermengen zu fressen.

Das Ergebnis: Weniger Kraftfutter steigert die LKE, sowohl für Protein als auch für Energie. Denn durch die geringere Kraftfutter- bei gleichzeitig höherer Grobfutteraufnahme steigt der Anteil an nicht für die Humanernährung geeigneten Futterkomponenten in der Ration von Milchkühen. Außerdem zeigte sich, dass der Umstieg auf eine kraftfutterreduzierte TMR am 165. Laktationstag in beiden Varianten die LKE stark erhöhte. Hieraus kann man ableiten, wie wichtig eine leistungsangepasste Phasenfütterung ist – auch im Hinblick auf die Nahrungsmittelkonkurrenz zwischen Menschen und Wiederkäuern.

Checkliste für weniger Nahrungsmittelkonkurrenz

Wenn ihr jetzt sagt: LKE und hef?! Wie soll ich das in meinen Alltag integrieren? Hier die wichtigsten Take-Home-Messages für euch zusammengefasst:

Folgende Futtermittel erhöhen die LKE bei Milchkühen, sorgen also für weniger Nahrungsmittelkonkurrenz:

  • Grünlandaufwüchse,
  • Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie und dem Gärungsgewerbe wie etwa Rübenschnitzel, Biertrebersilage und getrocknete Schlempe (DDGS), Rapsextraktionsschrot oder Kleien

Zudem kann man darauf achten, dass das Kraftfutter möglichst wenige Komponenten enthält, die auch vom Menschen verzehrt werden können, zum Beispiel Getreide oder Soja. Grundsätzlich macht für eine hohe LKE ein moderater Kraftfuttereinsatz Sinn, der sich nach dem Bedarf der Tiere im Laktationsverlauf richtet.

Futtermittelhef-Faktor nach Wilkinson für Energie und Proteinhef-Faktor nach Ertl et al. für Proteinhef-Faktor nach Ertl et al. für Energie
Grasprodukte000
Stroh000
Rübenschnitzel000
Bierteber00
Maikleberfutter00
Melasse0
Maissilage0,2 bis 0,450,2 bis 0,45
Ackerbohnen0,80,7 bis 0,90,37 bis 0,9
Erbsen0,8
Lupinen0,8
Mais0,80,7 bis 0,90,7 bis 0,9
Weizen0,80,4 bis 0,80,6 bis 1
Gerste0,80,4 bis 0,80,4 bis 0,8
Hafer0,80,5 bis 0,90,42 bis 0,65
Sojaextraktionsschrot0,80,5 bis 0,90,42 bis 0,65
Sojakuchen 0,80,5 bis 0,90,52 bis 0,93
Rapskuchen0,20,3 bis 0,870,14 bis 0,39
Rapsextraktionsschrot0,20,3 bis 0,870,26 bis 0,47
Weizenkleie0 bis 0,20 bis 0,2

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